Legasthenie ist eine vom Gehirn ausgehende, genetische Charakteristik, die es schwierig macht, gesprochene Worte mit geschriebenen Worten zu verknüpfen. Dies kann sich zum einen über Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben äußern. Zum anderen können Auswirkungen in Bereichen, die oft als weniger relevant bezeichnet werden, wie der räumliche Abschätzung des eigenen Körpers oder der Rechts/Links Unterscheidung auftreten.
Legasthenie ist häufig verbunden mit Stärken auf dem Gebiet verbaler und sozialer Kompetenzen, mathematischer sowie musikalischer Begabung und der besonderen Fähigkeit, das Große und Ganze im Blick zu behalten.
Christoph Herrmann, Initiator der gruuna Schule Chemnitz, ist selbst Legastheniker und sagt:
„Kein Geld der Welt würde mich mehr dazu bringen, wieder in die Schule zu gehen. Die Erfahrungen für mich als Legastheniker in den 70er Jahren, waren derart traumatisch, dass ich heute noch mit Grauen an Schule denke. Gleichzeitig bin ich heute begeistert von meinen Talenten, Möglichkeiten und Fähigkeiten, die mir durch meine Legasthenie gegeben sind.“
“Legasthenie wird man nie überwinden, egal wie viel man trainiert oder wie fleißig man ist.”
Die meisten Legastheniker werden vermutlich nie das Lese- und Schreibniveau von Nicht-Legasthenikern erreichen.
“Ständiges lesen ist der beste Weg zu lernen.”
Heutzutage gibt es so viele tolle Hörbücher und Technologien, welche gedruckte Texte akustisch umsetzen. Die individuelle Anpassung der Vorlesegeschwindigkeit ermöglicht Legasthenikern, auf akustischem Weg, die schnelle und einfache Aufnahme von geschriebenem Text.
Christoph liest (bzw. hört) pro Woche ein Fachbuch zum Thema Management, Strategie oder Organisation. Bildung scheint demzufolge auch nahezu ohne Lesen auszukommen. Das kann man auch am Beispiel von Babys und Vorschulkindern erkennen.
Es gibt drei Formen des „Lesens“: Mit den Augen, mit den Fingern oder mit den Ohren. Wenn man also ein Buch mittels synthetische Sprachausgabe „liest“, erlangt man Bildung. Bildung nur über die Kernkompetenzen Lesen und Schreiben zu erlangen, würde bedeuten, Legastheniker vom Bildungserwerb auszuschließen oder erheblich daran zu hindern. Wer würde einem blinden Kind Faulheit oder Dummheit unterstellen, nur weil es keine Buchstaben erkennen und demzufolge kein gedrucktes Buch lesen kann. Man würde dem Blinden Hörbücher oder Text in Form von Brailleschrift zur Verfügung stellen.
“Es ist das Beste, die Kenntnis über Betroffene mit Legasthenie geheim zu halten.”
Kinder und auch Erwachsen die oft nichts von ihrer Legasthenie wissen, haben häufig lebenslänglich das Gefühl dumm, minderwertiger oder weniger intelligent zu sein. Auf viele Legastheniker trifft, wie oben bereits erwähnt, das genaue Gegenteil zu und der „barrierefreie“ Zugang zu Bildung kann Unglaubliches freisetzen. Die Demütigungen, denen ein Legastheniker in unserem Schulsystem oft ausgesetzt ist, können Kinder in ähnlicher Weise traumatisieren, wie ein Missbrauch.
“Jungen haben häufiger Legasthenie als Mädchen.”
Eine Studie der Yale University, die über 400 Studenten in Connecticut befragte, zeigte eine Gleichverteilung unter den Geschlechtern. Auch andere Nachforschungen kamen zu demselben Resultat. Allerdings kann man davon ausgehen, dass Jungen häufiger von Verhaltensauffälligkeiten (Sekundärlegasthenie) betroffen sind als Mädchen.
“Circa 10% aller Menschen sind Legastheniker.”
Laut dem Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie sind 4% der deutschen Schüler von Legasthenie betroffen. Nach verschiedenen Studien, sind sogar mehr als 30% aller Unternehmer, allein in den USA, Legastheniker.
“Lese- und Rechtschreibschwäche!?”
Legasthenie ist keine Lese-/ Rechtschreibschwäche. LRS ist eine vorübergehende Schwäche und tritt häufig aufgrund äußerer Umstände (Todesfall, Trennung) in Erscheinung. So kann eine Lese-/Rechtschreibschwäche auch erfolgreich durch Übungen korrigiert werden. Legasthenie ist, wie oben erwähnt, eine vom Gehirn ausgehende Charakteristik, welche häufig veranlagt ist und zu einer völlig anderen Wahrnehmung führt. Legastheniker können, dank unserer Unterrichtsmethoden, lernen mit dieser Wahrnehmung umzugehen und die passenden Hilfsmittel in ihren Alltag zu integrieren.
Die Nutzung von PCs und anderen modernen Technologien ist für Legastheniker heutzutage ein unverzichtbares Werkzeug. So haben sie im weiteren Leben die gleichen Bildungschancen wie Nicht-Legastheniker.
Dank moderner Technologien wie Texterkennung (OCR), Text2Voice (synthetische Sprachausgabe) und Diktierfunktion, können Legastheniker auf dem gleichen Niveau lernen wie nicht-Legastheniker.
Die gruuna Schule wird allen Schülern den Umgang mit aktueller Technik (vor allem Smarthone und Tablet) lehren. Dazu gehören:
Die Kinder werden lernen wie, wann und für was sie moderne Techniken nutzen können. Wichtig ist an dieser Stelle auch zu vermitteln, wie sich die Kinder vor den damit verbundenen Ablenkungen und dem Suchtpotential schützen und für sich selbst den maximalen Nutzen ziehen können.